Wenn ich es mir erlaube, nach der Arbeit die Beine hochzulegen, das Handy auszuschalten und die Fernbedienung für den Fernseher unters Sofakissen zu stecken, dann wird mir die Welt, in der ich lebe, auf eine recht grausame Art und Weise bewußt.
Seit einigen Jahren bestimmt meine Frau, woran ich zu denken habe. Sie weiß auch, bedeutend schneller als ich, was für mich das Beste ist. Jegliches Tun soll der "Selbstoptimierung" dienen. Meine Frau weiß natürlich, daß ich damit Probleme habe. Sie hat mich als kiffenden, fleischfressenden Metzgergesellen kennengelernt und behauptet heute, meine Wandlung zu einem "natürlichen" Menschen sei noch nicht sehr weit gediehen.
Ich wußte schon beim Augenblick des Kennenlernens, diese Frau ist eine Nummer zu groß für mich. Aber sie raubte mir den Atem und selbstverständlich auch den Verstand. Ich hechelte hinter ihr her, bis sie einen Augenblick unaufmerksam war. Da stieß ich zu und es wurde ein Mädchen. Meine Frau heulte drei Tage, dann bestellte sie ein Aufgebot beim Standesamt.
Mir war alles recht, ich sagte ja, obwohl mir meine Frau schonungslos eröffnete, sie würde nicht für mich kochen und in ihrer Anwesenheit würde grundsätzlich nur vegetarisch gegessen. An Schnitzel und Schweinebraten erinnere ich mich nur noch vage, auch ich bin jetzt ein strebsamer Selbstoptimierer, der sich nach der Arbeit nur eine kleine Pause gönnt und dann liest, musiziert, oder spazieren geht.
Komme ich nach Hause, begrüßt mich oft ein "herabschauender Hund". Gerne würde ich diese Stellung meiner Frau zur Selbstoptimierung nutzen, aber sie weist mich regelmäßig darauf hin, ihre bestehende Hilflosigkeit auszunutzen wäre die schamlose Freveltat eines Machos. Manchmal, wenn ich sehr mutig bin, antworte ich ihr, daß ich den Eindruck haben könnte, meine männliche Leistungsbereitschaft, entflammt durch ihr hochgerecktes Hinterteil, würde nicht optimal gefördert.
In diesem Augenblick, als ich die Beine hochlegte und meine Gedanken frei schweifen ließ, erscheint mir, diese ständige Verpflichtung zur Selbstoptimierung kann nicht gut für mich sein! Ich will doch noch immer so gerne ein Bier trinken, dazu ein Schnitzel mit Bratkartoffeln essen und hinterher eine Zigarette rauchen!
Gerade, im Geiste den Spaten aus dem Gartenhäuschen holend, öffnet sich die Tür, meine Tochter kommt ins Zimmer, legt vorsichtig ihren Geigenkasten auf das Sofa und bittet mich in reinstem Han-Chinesisch, ich solle sie zum Training des Frauen-Fußball-Vereins fahren. Ich schwinge die Beine vom Tisch und springe in die adidas-Sneakers: "Natürlich, mein Schatz, wir wollen doch nicht die Letzten sein!"
Danke für deine, wieder einmal, humorige Geschichte und liebe Grüße an deine Ehefrau 😂
AntwortenLöschenImmer ein schöner Lichtblick in dieser öden Zeit.
Weswegen ich heute anonym kommentiere, weiß ich selber nicht, immer wieder einmal stecke ich fest in dieser Computer -Welt 😅🤷
Bis dahin LG :D
Danke für Dein Lachen! Eine lustige Anekdote aus meinem Leben, die sich so oder so ähnlich abgespielt haben könnte!😉
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